So erhöhen Sie die Aussagekraft Ihrer Betriebswirtschaftlichen Auswertung (Teil 4)

Teil 4:  Unternehmen nur scheinbar rentabel, Liquidität bedenklich, die GF im Blindflug

"Unsere Firma ist ein Fass ohne Boden." Diese Aussage der beiden Geschäftsführer der Modehandels GmbH führte zur Analyse der Betriebswirtschaftlichen Auswertung.

 

Wie wir in Teil 1 gesehen haben, kann eine BWA ohne periodische Abgrenzungen das Nervenkostüm auf eine harte Probe stellen. 

 

In Teil 2 tauchten wir in die Tiefen der Buchhaltung ein, indem wir die Zahlen periodengerecht aufbereiteten und auf buchhalterische Mängel hinwiesen. 

 

In Teil 3 analysierten wir die Ursachen für die schwindende Liquidität des Unternehmens mit Hilfe einer um den Cash Flow erweiterten BWA.  

 

Es stellte sich heraus, dass (wie bereits zu Beginn der Untersuchung vermutet) vor allem der hohe Warenbestand das Problem war.

 

Die Erhöhung des Warenbestandes führt zu einem bilanziellen Ertrag, für den jedoch keine Einnahmen entstanden sind. 

Wir kannten nun sowohl die Fakten als auch deren Ursachen.

 

Die Geschäftsführung war zu Recht besorgt:

 

Das Unternehmen war zwar rentabel, würde aber in absehbarer Zeit nicht mehr liquide sein.

 

Die Warenbestände waren das Hauptproblem. Zum einen ist ein zu hoher Warenbestand schädlich, weil er Liquidität und damit Kapital bindet, was für das Unternehmen im betrachteten Jahr bedrohlich wurde. Zum anderen sind die Bestanderhöhungen erfolgswirksam zu buchen, erhöhen damit den Ertrag und den Gewinn, was wiederum die Liquidität in Form von Ertragssteuern schmälert. Ohne diese Bestandserhöhungen wäre eventuell sogar ein Bilanzverlust entstanden. 

 

Die Bestandsveränderungen wurden unterjährig nicht ermittelt und gebucht, sondern erst bei der Jahresinventur "entdeckt".  

 

Hier lag ein klassischer "Blindflug" vor. 

 


 Unsere Empfehlungen und deren Umsetzung

Es galt nun schnell und pragmatisch zu handeln, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.

 

Unsere Empfehlungen betrafen sowohl die Ist-Situation als auch die künftige Bestandssicherung des Unternehmens.


Sofortmaßnahmen:

Die erweiterte monatliche BWA inklusive Cash Flow Rechnung wurde sofort eingeführt.


Die Warenbestände wurde unter Zuhilfenahme der Inventurlisten analysiert hinsichtlich des Alters, des Einkaufspreises und der Absatzchancen. Es wurde die Inventur neu bewertet.


Strategische Maßnahmen:

Die Waren sollen künftig ständig aufgenommen und überwacht werden. Eingekaufte Waren sind künftig  nicht mehr als Aufwand zu buchen, sondern als Bestände. Bei Verkauf von Waren ist ein Entnahmeschein unter Angabe des Einkaufspreises zu erstellen. Damit wird der Bestand um den Wareneinkaufspreis gemindert.


Der Warenbestand ist damit permanent erfasst. Die Werte fließen direkt in die BWA ein.

Die Neubewertung der Inventur ergab, dass 50% der Waren veraltet waren und nicht mehr zu einem regulären Preis verkauft werden konnten.

 

Sofortmaßnahmen:

Sonderverkäufe zu stark reduzierten Preisen. 

Damit wurde kaum Gewinn erwirtschaftet, es wurde aber der Warenbestand drastisch verringert, und es kam vor allem Geld in die Kasse. Das Unternehmen war wieder zahlungsfähig geworden.   

 

Strategische Maßnahmen: 

Die Einführung eines Warenwirtschaftssystems wurde dringendst empfohlen. Damit entfällt in Zukunft die ständige manuelle Überwachung.

 

Die vier Ladengeschäfte des Unternehmens werden monatlich miteinander verglichen in Bezug auf folgende Positionen:

  • Umsatz, Personaleinsatz, Überstunden, Fehl-Zeiten, Resturlaube und das Warenlager.
  • Des Weiteren zählen die "weichen Faktoren" wie Zufriedenheit der Kunden und Mitarbeiter sowie Ruf der Läden und deren Ambiente. 
  • Dauerkunden erhalten Treueangebote, neue Kunden kleine Willkommensgeschenke.

Fazit

Ausgehend von der Aussage der beiden Geschäftsführer, "Unsere Firma ist ein Fass ohne Boden", fand eine Analyse der Jahreszahlen des Vorjahrs statt. Aktuell verlässliche Zahlen lagen leider nicht vor.

 

Eine aussagekräftige BWA ist die Grundvoraussetzung für die Steuerung des Unternehmens. Nur mit Hilfe einer solchen können Schwachstellen überhaupt erst erkannt und danach gebannt werden. Es ist daher jedem Unternehmer anzuraten, sich die monatliche BWA genau anzusehen. Er sollte diese lesen können.

 

Eine BWA ist nur so gut wie das erfasste Zahlenmaterial. Daher ist es wichtig, dass monatlich Abgrenzungen und Rückstellungen gebildet und die Bilanzkonten permanent überwacht werden. Im geschilderten Fall waren die beiden Geschäftsführer wirklich im Blindflug unterwegs, weil sie sich auf Zahlen verließen, die nicht verlässlich waren.

 

Lassen Sie sich erklären, wie sich die Zahlen zusammensetzen und drängen Sie darauf, dass die Zahlen auch verlässlich sind.

 

Eine BWA zu lesen und zu verstehen ist das Eine. Die BWA erlaubt keine Aussage zu Fehlzeiten des Personals, zur Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, zum Ruf des Unternehmens. Dazu benötigen Sie andere zusätzliche Instrumente. Nur der monatlich flüchtige Blick auf das Ergebnis reicht bei weitem nicht.

 

Ich hoffe, Sie konnten am Beispiel der Modehandels GmbH sehen, wie gefährlich es werden kann, wenn Sie den Sinn der angewandten Instrumente nicht hinterfragen und sich auf falsche Zahlen verlassen.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Christian Schaffhauser       

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